SWR4 Radio-Beitrag
Anlässlich der Ausstellung des neuen Werks WERDEGANG hat SWR4 einen Radio-Beitrag über Gerd Reutter und seine Kunst gesendet. Hier gibt es das Audio zum Nachhören sowie unten transkribiert zum Nachlesen.
SWR4 Baden-Württemberg, 10 vor 5 inzwischen.
Der Mann, um den es jetzt geht, der hat schon sehr viel erlebt. Er ist 92 Jahre alt, und er ist ein gutes Beispiel dafür, dass man seine Berufung durchaus auch noch sehr spät entdecken kann. Gerd Reutter ist als Künstler ein Spätberufener. An Kunst interessiert war er zwar schon immer. Aber die Arbeit mit Ton, die hat er erst als Rentner für sich entdeckt. Davor hat er zusammen mit seiner Frau zwei große Lebensmittelgeschäfte in Mannheim geführt. 30 Jahre ist das schon wieder her und seitdem sind viele Werke von ihm entstanden. Es gab Ausstellungen im in und im Ausland und mit 90 wollte Gerd Reuter eigentlich aufhören, aber jetzt, zwei Jahre später, ist es dann doch wieder ganz anders gekommen. Die Reporterin Doris Steinbeißer hat ihn getroffen.
WERDEGANG, so heißt sie vielteilige Skulptur von Gerd Reutter, die in seiner Galerie für die neue Ausstellung bereit steht. Der Raum in der Schwetzinger Stadt, war einst ein Milchladen und markiert den Anfang von Gerd Reutters Karriere als Lebensmittel.
Der Titel WERDEGANG steht also vielleicht nicht allein für die Idee des Künstlers, die Welt vom Urknall bis zum mystischen Stonehenge zu erfassen, sondern auch für die Entwicklung von Gerd Reutter selbst. Es ist ein besonderes Werk, das er aus Vernunftsgründen gar nicht mehr erschaffen wollte.
''Der Ton ist nicht leicht, sitzend kann ich es nicht machen. Ich schaffe nur stehend. Jedenfalls habe ich gesagt, ich mache nichts mehr und dann haben meine zwei Söhne gesagt: Nein, nein, Du schaffst noch weiter und die haben so lange rumgemacht, bis ich tatsächlich gesagt habe, ist ja gut, dann mach ich noch eins und hab mir dann nachts, wenn es schön ruhig ist im Bett, und so, mir Gedanken gemacht, was könntest du denn machen? Und dann bin ich auf die Idee gekommen.''
Das Universum, die Zeit, die Rolle des Menschen in der Natur, all das sind Themen, die den Künstler immer wieder umtreiben, in einzelnen Teilen mit Ton in unterschiedlichen Erdfarben hat er die Idee umgesetzt.
''Ich muss so etappenweis, weil dann kann ich erstens im Ofen nichts zu viel Großes unterbringen. Immer ein Stück. Und auch für mich ist es leichter. Riesensachen kann ich nicht mehr.''
Und wenn mal ein Teil nicht gelingt, beim Brennen reißt, oder nicht so wird, wie Gerd Reutter es sich vorgestellt hat, nimmt er das mit dem ihm eigenen Humor.
''Ich habe jede Menge im Garten, bei meiner lieben Frau stehe, die dekoriert ihren Garten mit den Bruchstücken.''
Das Ehepaar ist ein eingespieltes Team. Bei einer Ausstellung lernten sie sich kennen. Sie führten mit Leidenschaft ihre Lebensmittelgeschäfte, lieben bildende Kunst, Kino, Musik, aber auch die Zeit mit ihren Enkelkindern. In eine Schublade kann man die Reutters nicht stecken. Auch Gerd Reuter als Künstler nicht.
''Ich setze ab und zu was in Portale und da kommt immer so eine Liste: Was für eine Kunstrichtung? Ich weiß nicht, was ich da hinschreiben soll.''
Die Kunsthistorikerin Christine Schumann, die sich bei Künstlernachlässe Mannheim engagiert und auch den sogenannten Vorlass von Gerd Reutter betreut, beschreibt es so:
''Das Besondere ist wirklich, dass er in einer nicht-figürlichen Keramik seine Ideen einbringt und man als Betrachter auch noch Phantasie walten lassen kann und sagt, man sieht auch das drin, was er versucht hervorzuheben. Und das finde ich künstlerisch sehr wertvoll, also und auch herausragend, zu sagen, dass ich mit meinen Händen aus einem unförmigen Gebilde etwas herausholen kann, was einen Zuschauer anspricht.''
Der WERDEGANG und weitere Werke von Gerd Reutter sind zu sehen in seinem Ausstellungsraum in der Kleinfeldstraße 50 in Mannheim, Schwetzingerstadt ist das. Die Vernissage ist morgen Nachmittag. Die Ausstellung ist dann bis zum 30. Juli zu sehen.